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German Bach Quotes from Friedrich Nietzsche to Walther Vetter
Friedrich Nietzsche (1844-1900), German philosopher
Hans Georg Nägeli (1773-1836), Swiss composer and music publisher
Obituary on Johann Sebastian Bach (1754)
Reclams Chormusik und Oratorien Führer (1965/1981)
Max Reger (1873-1916), German composer, organist and teacher
Johann Adam Reincken (1623-1722), North German organist
Johann Friedrich Rochlitz (1749-1842), German musicologist
Johann Adolf Scheibe (1680-1748), Ger-Dan composer and music theorist
Arnold Schering (1877-1941), German musicologist
András Schiff (b. 1953), Hungarian-born pianist and conductor
Dimitri Schostakowitch (1906-1975), Russian composer
Robert Schumann (1810-1856), German composer and pianist
Arnold Schönberg (1874-1951), Austrian composer
Ulrich Siegele (b. 1932), German musicologist
Andreas Staier (b. 1955), German pianist and cembalist
Tadeusz Szeligowski (1896-1963), Polish composer and music organizer
Walther Vetter (1891-1967), German musicologist
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Friedrich Nietzsche (1844-1900), German philosopher
In dieser Woche habe ich dreimal die Matthäuspassion des göttlichen Bach gehört, jedesmal mit demselben Gefühl der unermeßlichen Bewunderung. Wer das Christentum völlig verlernt hat, der hört es hier wirklich wie ein Evangelium.
excerpt from a letter (30 April 1870)
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Hans Georg Nägeli (1773-1836), Swiss composer and music publisher
Die h-moll Messe ist das größte musikalische Kunstwerk aller Zeiten und Völker.
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Obituary on Johann Sebastian Bach (1754)
Die Lust unseres kleinen Johan Sebastians zur Musik, war schon in diesem zarten Alter ungemein. In kurtzer Zeit hatte er alle Stücke, die ihm sein Bruder freywillig zum Lernen aufgegeben hatte, völlig in die Faust gebracht. Ein Buch voll Clavierstücke, von den damaligen berühmtesten Meistern, Frobergern, Kerlen, Pachelbeln aber, welches sein Bruder besaß, wurde ihm, alles Bittens ohngeachtet, wer weis aus was für Ursachen, versaget. Sein Eifer immer weiter zu kommen, gab ihm als folgenden unschuldigen Betrug ein. Das Buch lag in einem blos mit Gitterthüren verschlossenen Schrancke. Er holte es also, weil er mit seinen kleinen Händen durch das Gitter langen, und das nur in Pappier geheftete Buch im Schranke zusammen rollen konnte, auf diese Art, des Nachts, wenn iedermann zu Bette war, heraus, und schrieb es, weil er auch nicht einmal eines Lichtes mächtig war, bey Mondenscheine, ab. Nach sechs Monaten, war diese musicalische Beute glücklich in seinen Händen. Er suchte sie sich, insgeheim mit ausnehmender Begierde, zu Nutzen zu machen, als, zu seinem größten Herzeleide, sein Bruder dessen inne wurde, und ihm seine mit so vieler Mühe verfertigte Abschrift, ohne Barmherzigkeit, wegnahm.
Hier zeigte er eigentlich die ersten Früchte seines Fleißes in der Kunst des Orgelspielens, und in der Composition, welche er größtentheils nur durch das Betrachten der Wercke der damaligen berühmten und gründlichen Componisten und angewandtes eigenes Nachsinnen erlernet hatte.In der Orgelkunst nahm er sich Bruhnsens, Reinkens, Buxtehudens und einiger guter französischer Organisten ihre Werke zu mustern. Hier in Arnstadt bewog ihn einsmals ein besonderer starcker Trieb, den er hatte, so viel von guten Organisten, als ihm möglich war, zu hören, daß er, und zwar zu Fusse, eine Reise nach Lübeck antrat, um den dasigen berühmten Organisten an der Marienkirche Diedrich Buxtehuden, zu behorchen. Er hielt sich daselbst nicht ohne Nutzen, fast ein vierteljahr auf, und kehrete alsdan wieder nach Arnstadt zurück.
Das Wohlgefallen seiner gnädigen Herrschaft an seinem Spielen, feuerte ihn an, alles mögliche in der Kunst die Orgel zu handhaben, zu versuchen. Hier [Weimar] har er auch die meisten seiner Orgelstücke gesetzet.
Hat jemals ein Componist die Vollstimmigkeit in ihrer größten Stärke gezeigtet, so war es gewiß unser seeliger Bach. Hat jemals ein Tonkünstler die verstecktesten Geheimniße der Harmonie in die künstlichsten Ausübung gebracht; so war es gewiß eben derselbe. Keiner hat bey diesen sonst trocken scheinenden Kunststücken so viele Erfindungsvolle und fremde Gedanken angebracht, als eben er. Er durfte nur irgend einen Hauptsatz gehöret haben, um fast alles, was nur künstliches darüber hervorgebracht werden konnte, gleichsam im Augenblicke gegenwärtig zu haben. Seine Melodien waren zwar sonderbar, doch immer verschieden, Erfindungsreich, und keinem andern Componisten ähnlich. Sein ernsthaftes Temperament zog ihn zwar vornämlich zur arbeitsamen, ernsthaften und tiefsinnigen Musik; doch konnte er auch, wenn es nöthig schien, sich zu einer leichten und scherzhaften Denkart, besonders im Spielen bequemen. Die beständige Uebung in Ausarbeitung vollstimmiger Stücke hatte seinen Augen eine solche Fertigkeit zu Wege gebracht, daß er, in den stärksten Partituren, alle zugleich lautende Stimmen, mit Einem Blicke übersehen konnte. Sein Gehör war so fein, daß er, bey den vollstimmigsten Musiken, auch den geringsten Fehler zu entdecken vermögend war. Im Dirigiren sahe er sehr auf Genauigkeit im Vortrage, und im Zeitmaaße, welches er gemeiniglich sehr lebhaft nahm, war er überaus sicher.
Unser seel. Bach ließ sich zwar nicht in tiefe theoretische Betractungen der Musik ein, war aber desto stärcker in der Ausübung.
Während dieser Zeit, ungefehr im Jahr 1722, that er eine Reise nach Hamburg, und ließ sich daselbst, vor dem Magistrate, und vielen andern Vornehmen der Stadt, auf der schönen Catharinenkirchen Orgel, mit allgemeiner Verwunderung mehr als 2 Stunden lang, hören.
Der alte Organist an dieser Kirche, Johann Adam Reinken, der damals bey nahe hundert Jahre alt war, hörete ihm mit besondern Vergnügen zu, und machte ihm, absonderlich über den Choral: An Wasserflüssen Babylon, welchen unser Bach, auf Verlangen der Anwesenden, aus dem Steigreife, sehr weitläufig, fast eine halbe Stunde lang, auf verschiedene Art, so wie es ehedem die braven unter den Hamburgischen Organisten in den Sonnabends Vespern gewohnt gewesen waren, ausführete, folgendes Compliment: Ich dachte, diese Kunst wäre gestorben, ich sehe aber, daß sie in Ihnen noch lebet.
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Reclams Chormusik und Oratorien Führer (1965/1981)
Es erscheint seltsam, dass der Vollender alter kirchen-musikalischer Traditionen gerade der Motette, der zentralen Form der Chormusik, keinen grösseren Anteil seiner Schaffenskraft gewidmet hat, obgleich die Motette zum festen musikalischen Bestand des Leipziger Gottesdienstes gehörte.
Bachs Motetten, zwar wenig an der Zahl, sind nun einmal dank der Kraft ihrer thematischen Gedanken, der Kunst ihres polyphonen Satzes, der Reinheit ihres geistlichen Gehalts ein absoluter Höhepunkt aller Chormusik. Ihre Bewältigung stellt ein Ziel des künstlerischen Ehrgeizes dar, das ebensoviel Virtuosität wir Begeisterung erfordert; ihre Aufführung in Kirche und Konzertsaal ist jeweils ein Augenblick der Erhebung, wie sie dem Menchen auf den höchsten Gipfeln der Kunst zuteil wird.
JOHANN SEBASTIAN BACH hat der Kantate eine stete und Liebevolle Pflege gevidmet; seine Produktion erstreckt sich über alle seine Schaffensperioden von der Arnstädter bis in die späte Leipziger Zeit. Die kantate, ein fester Bestandteil des Gottesdienstes großer Kirchen, war ihm ein liturgischer Kleinform, deren unendliche Variabilität seiner Phantasie unbegrentzen Spielraum ließ und vor allem feine, intime Wirkungen des Satzes, des Ausdrucks und Kolorits erforderte; in seinem Schaffen verhält sich die Kantate zur Passion wie in dem Beethovens die Kammermusik zur Symphonie.
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Max Reger (1873-1916), German composer, organist and teacher
Bach is Anfang und Ende aller Musik.
Glauben Sie mir, all die harmonischen Sachen, die man heutzutage zu erfinden sucht und die man als so großen Fortschritt anpreist, die hat unser großer, unsterblicher Bach schon längst viel schöner gemacht.
Gerade die neu aufwachsende Generation sollte man überall immer und immer wieder an den Urquell musikalischen Schaffens und göttlicher Kunst – Johann Sebastian Bach – hinweisen und zu allererst den Leuten zeigen, was Johann Sebastian Bach eigentlich ist.
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Johann Friedrich Rochlitz (1749-1842), German musicologist
Auf Veranstaltung des damaligen Kantors an der Thomasschule in Leipzig, des verstorbenen Doles, überraschte Mozarten das Chor mit der Aufführung der Zweychörigen Motette: Singet dem Herrn ein neues Lied – von dem Altwater deutscher Musik, von Sebastian Bach. Mozart kannte diesen Albrecht Dürer der deutschen Musik mehr vom Hörensagen, als aus seinen selten gewordnen Werken.
Kaum hatte das Chor einige Takten gesungen, so stuzte Mozart – noch einige Takte, da rief er: Was ist das? – und nun schien seine ganze Seele in seinen Ohren zu seyn. Als der Gesang geendigt war, rief er voll Freude: Das ist doch einmal etwas, woraus sich was lernen lässt!
Man erzählte ihm, das diese Schule, an der Sebastian Bach Kantor gewesen war, die vollständige Sammlung seiner Motetten besitze und als eine Art Reliquien aufbewahre. Das is recht, das ist brav – rief er, zeigen Sie her!
Man hatte aber keine Partitur dieser Gesänge; er liess sich also die ausgeschriebenen Stimmen geben – und nun war es für den stillen Beobachter eine Freude zu sehen, wie eifrig sich Mozart setzte, die Stimmen um sich herum, in beide Hände, auf die Kniee, auf die nächten Stühle vertheilte, und, alles andere vergessend, nicht eher aufstand, bis er alles, was von Sebastian Bach da war, durchgesehen hatte.
Er erbat sich eine kopie, und hielt diese sehr hoch.
excerpt from an article in “Allgemeinen Musikalischen Zeitung” 21 November 1798 (about Mozart’s visit to Leipzig in 1789)
Johann Sebastian Bach ist der Albrecht Dürer der deutschen Musik.
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Johann Adolf Scheibe (1680-1748), Ger-Dan composer and music theorist
Dieser große Mann würde die Bewunderung gantzer Nationen seyn, wenn er mehr Annehmlichkeit hätte und wenn er nicht seinen stücken durch ein schwülstiges und verworrenes Wesen das Natürliche entzöge und ihre Schönheit durch allzugrosse Kunst verdunkelte.
Vornehmlich aber ist unter den durch den öffentlichen Druck bekannten Musikwerken ein Clavierkonzert befindlich, welches den berühmten Bach in Leipzig zum Verfasser hat, und aus der großen Tonart, F, geht. Da dieses Stück auf die beste Art eingerichtet ist, die nur in dieser Art zu setzen anzuwenden ist: so glaube ich, daß es ohne Zweifel großen Componisten und erfahrnen Clavierspilern so wohl als den Liebhabern des Clavieres und der Music, bekannt seyn wird. Wer wird aber auch nicht sofort zugestehen, daß dieses Clavierconcert als ein vollkommenes Muster eines wohleingerichteten Concerts anzusehen ist?
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Arnold Schering (1877-1941), German musicologist
Bachs Methode bei der Umänderung seiner Originale tragen, wie nicht anders zu erwarten, die ganze Vielseitigkeit seines nachdenklichen Geistes zur Schau und sind auf keine Formel zu bringen. Die spielende Beherrschung alles Technischen gestattet ihm, schier unmöglich dünkende Aufgaben, wie etwa das Hineinkomponieren eines Chorsatzes in einen vorhandenen Instrumentalsatz, mit Leichtigkeit zu lösen.
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András Schiff (b. 1953), Hungarian-born pianist and conductor
Wir wissen unglaublich wenig über Bach, und dass ist vielleicht ein Glück. Ich finde, dass diese Biographische Elemente, dass wir zum Beispiel über Beethoven wissen oder über Schubert, sie helfen nicht immer für ein besseres Verständnis. Also, das Werk von Bach, das steht da, unabhängig von der Biographie.
Wunderbar ist es, dass wir noch heute relativ viele Handschriften vom Bach haben. Es gibt keine schönere musikalische Handschrift als die Bachische. Ich verstehe seine Musik am Besten durch diese Handschriften, weil da sieht man diese wunderbare Wellen – wie das Wasser fließt. Also, er schreibt nie eine gerade Linie, sondern immer Wellen. Und da kann mann sich vorstellen auch wie diese Musik strömt. Und in diese Handschriften da findet man kaum eine Korrektur. Sie sind natürlich Reinschriften – aber wirklich als würde diese Musik aus seinem Geist fließen.
Danach wusste ich, dass Bach für mich der größte und der wichtigste Komponist ist, und das ist geblieben, und das wird auch bleiben. Das ist schon fast eine Ritual: Ich muss jeden Tag, wenn ich aufstehe, und also wenn da eine Klavier ist, da muss ich eine Stunde Bach spielen – so fängt der Tag an. Ich habe nie gern pianistische Übungen und Etüden und Tonleiter gespielt, das fand ich sehr mechanisch und schrecklich langweilig und ein Bisschen so menschenunwürdig, so wie Holzhacken. Und natürlich, das muss ein junge Schüler auch machen, man muss die Tonleiter in den Händen haben und die Fingersätze für die verschiedene Tonleiter. Aber später braucht man das, glaube ich, nicht. Und dann habe ich entdeckt, dass die Bachische Musik mehr das alles gibt, natürlich seelisch und spirituell – also musikalisch und emotionel – aber auch rein physikalisch. Also, was ich früher sagte: Es gibt diese Beweglichkeit und eine Spielfreude – davon haben wir sehr viele Elemente in diesen französischen Suiten. Aber von Anfang an in den Inventionen – und das man auch ein Tag so anfangen kann, das ist wie ein Seelenbad, auch übrigens intellektuell sehr befriedigen. Also, man spielt immer Polyphonie, also mehrstimmige musik, wo alle Stimmen so unabhängig und gleichwertig sind. Das ist so wie eine gute Gesellschaft, also wo alle Menschen gleich wichtig sind.
YOUTUBE VIDEO – ANDRÁS SCHIFF EXPLAINS BACH (2015)
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Robert Schumann (1810-1856), German composer and pianist
Die Quellen werden im großen Umlauf der Zeit immer näher aneinander gerückt. Beethoven brauchte beispielsweise nicht alles zu studieren, was Mozart – Mozart nicht, was Händel – Händel nicht, was Palestrina – studiert hatte, weil sie schon die Vorgänger in sich aufgenommen hatten. Nur aus einem wäre von allen immer von neuem zu schöpfen – aus Johann Sebastian Bach.
Wir sind alle Stümper gegen ihn.
Wäre es nicht an der Zeit, daß sich die deutsche Nation zu einer vollständigen Sammlung und Herausgabe sämtlicher Werke von Bach entschlösse.
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Arnold Schönberg (1874-1951), Austrian composer
Das sind Wunder, die ein menschliches Hirn nicht hervorbringen kann. Der Künstler ist nur das Sprachrohr einer Kraft, die ihm diktiert, was er tun soll. Da er in dieser Sprache geboren war, übertrug Johann Sebastian Bach den Willen dieser Kraft in Begriffe des menschlichen Kontrapunkts.
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Andreas Staier (b. 1955), German pianist and cembalist
Das ist die Frage: Welches Stück würde ich auf die einsamen Inseln mitnehmen? Vielleicht würde ich gar kein Werk der Tasteninstrumente mitnehmen, sondern die h-Moll Messe.
24 HOURS BACH (28 JULY 2000) – 250TH BACH ANNIVERSARY
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Walther Vetter (1891-1967), German musicologist
Die sinnfällige Gleichheit der Behandlung von Instrumenten und Singstimmen bei Bach ist nicht daraus zu erklären, daß er die menschliche Stimme wie eine Oboe oder Trompete, auch nicht dadurch, daß er die Violine oder das Violincell wie die menschliche Stimme behandelt, sondern dadurch, daß er die eine wie die andere, die instrumentale wie die menschliche Stimme, auf ein Drittes, Höheres bezieht, welches das Materielle des Klanges überwunden hat.
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